400 Jahre Soleleitung
Die "älteste Pipeline"
der Welt
Wenn man in Deutschland nach Superlativen suchen möchte, tut man sich relativ leicht, wenn man einen Blick auf den südöstlichsten Zipfel der Bundesrepublik wirft.
Die exponierte geografische Position Bad Reichenhalls soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass die geschichtliche Entwicklung der Landkreise Berchtesgadener Land, Traunstein, aber auch Salzburgs ganz anders verlaufen wäre, hätte man es hier nicht schon vor etwa 5000 Jahren verstanden, aus dem natürlichen Salzwasser, das aus Mutter Erde in Reichenhall hervorsprudelte, feinstes, weißes Salz herzustellen. Die Stadt ist die älteste Binnensaline der Welt! Man vertrieb das kostbare Salz im Mittelalter weit über die Landesgrenzen hinaus und die Eigentümer der begehrten Salzquellen verdienten sich damit im wahrsten Sinne des Wortes eine „goldene Nase“. Man baute das von den Römern bereits genutzte Straßennetz aus oder aus ehemals völlig unbedeutenden Städten, wie München, wurden Metropolen, weil sie an wichtigen Salz-Verkehrsknotenpunkten lagen.
Reichenhall wurde zum
„Dubai des Mittelalters“
- reich, mächtig und Zankapfel unterschiedlichster Interessensgruppen.
Das Ganze lief gut, solange man einen schier grenzenlos verfügbaren Rohstoff zum Sieden des Salzwassers aus den Quellen hatte: Holz!
Jeder weiß, dass auch dieser Rohstoff ausgehen kann, wenn man es fleißig abholzt. Es wächst einfach zu langsam nach, auch wenn man heute von einem „nachhaltigen“ Rohstoff spricht. Es dauerte nicht lange und die ursprünglich reich bewaldeten Flächen um die Salzstadt waren abrasiert und kahlgeschoren. Was tun? Es wurde aufwändig und auch gefährlich das Holz aus dem weiter entfernten Gebirge zur Saline zu bringen. Es wuchs die Idee heran, einfach dort eine neue Saline zu bauen, wo Holz auch leichter zu beschaffen war. Man entschied sich für Traunstein. Nun hatte man zwar einen günstigen Standort für eine Saline, aber wie bekommt man das noch flüssige Salz („Sole“) von Reichenhall dorthin?
Man brauchte
eine Pipeline.
Jetzt wäre es natürlich relativ einfach gewesen, die sogenannten „Deicheln“, also hohlgebohrte Baumstämme, entlang des flacheren Terrains via Piding und Anger zur neuen Saline zu verlegen. Aber man hatte Bedenken, dass Salzburg die reibungslose Versorgung Traunsteins mit Sole vereiteln könnte. Also stellte man sich die Aufgabe, über die weitaus schwierigere Trasse Thumsee-Inzell-Traunstein die Sole zu pumpen. Man brauchte also mehrere, leistungsfähige Pumpen, welche die Sole immer wieder so weit nach oben pumpen konnten, damit sie dann entlang des natürlichen Gefälles in das über 30 km entfernte Traunstein weiterfließen konnte.
Man holte zwei geniale Konstrukteure und Zimmerer
Souverän Herzog Maximilian, der natürlich an einem kontinuierlichen Salzgeschäft interessiert war, beauftragte die Tegernseer Hanns und Simon Reiffenstuel. Vater und Sohn stürzten sich in das Abenteuer. Der eine plante und der andere baute. Sie suchten nach den besten Positionen für ihre riesigen, rein durch Wasserkraft angetriebenen Pumpen und taten alles, um die Funktionsfähigkeit nach nur zwei Jahren Bauzeit im Jahre 1619 sicher zu stellen. Kaum zu glauben, die Leitung war dann genau 148 Jahre in Betrieb.
Heute feiern wir
400 Jahre Soleleitung
Die Landräte Traunsteins und des Berchtesgadener Landes, die beiden Oberbürgermeister von Traunstein und Bad Reichenhall, Geschäftsführer der Berchtesgadener Land Tourismus Gesellschaft, Presse, sowie Mitarbeiter der Alten Saline trafen sich am 01.02.2019 vor dem Brunnhaus der Alten Saline –von wo alles begann-, um einen ganz besonderen symbolischen Akt beizuwohnen: Die Bürgermeister zeigten, wie man vor 400 Jahren die nützlichen Holzdeicheln herstellte und durchbohrten einen etwa 3 Meter langen Fichtenstamm. Mit etwas Glück trafen sie sich fast in der Mitte- ein Zeichen der seit langer Zeit bestehenden Verbundenheit zwischen beiden Städten!
Bier und Salz gehören zusammen
Ein gestandener Bayer würde diese Überschrift sofort mit einem saftigen, schön gesalzenen Schweinsbraten verbinden, den er genüsslich zusammen mit einer Maß Bier verdrückt. Weniger wird er wissen, dass es ein Reichenhaller Reinheitsgebot gibt, das 13 Jahre älter ist, als das bayerische Reinheitsgebot von 1516! Tatsächlich feiert das Bürgerbräu Reichenhall heuer 425 Jahre seines Bestehens. Die Brauerei ist zwar somit etwas jünger als das städtische Bier-Reinheitsgebot, aber sie braute das Bier für die Saliner- und sie tranken viel davon, weil es als Getränk für die Arbeiter gesünder war, als das oftmals verkeimte „Trinkwasser“ des Mittelalters. „Ohne gesunde Arbeiter kein Salz“ dachte sich vermutlich der König und er unterstützte vollherzig den nach wie vor gültigen Qualitätsgedanken: Wasser, Hopfen und Malz- mehr braucht gutes Bier nicht.